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8 F o k u s Schulblatt Thurgau 6 • Dezember 2013












































der: Stefan Maurer
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ziale Zusammengeḧrigkeit vertiefen.» 6 Der Thematisierung von Praktiken und Traditionen der Weltreligionen. Als Kennenlernen 
Religion in der Schule wird hier vornehmlich eine staatspolitische der Eigenheit von Glaubensantworten auf Grundfragen des Le- 

und gesellschaftlich-soziale Funktion zugesprochen. An dieser bens. Kinder sollen lernen, wie traditionelle Glaubenssysteme und 
Funktionalisierung von Religion in der staatlichen Schule wird naturwissenschaftlich gepr̈gte Weltanschauungen Menschsein

auch Kritik laut, einzelne sprechen gar von
definieren und Grundwerte formulieren. Sie 
s̈kularer, liberaler Indoktrination, die hier sollen vom Einfluss von Glauben und Wer- 

stattfinde. 7 Hier wird aber vor allem deutlich, ten auf kulturelle und personale Geschichte 
Kinder sollen lernen,
welch grosse Bedeutung die OSZE der Wis- wissen. Kinder sollen in dieses ̈ffentliche 
sensvermittlung ̈ber Religion zuschreibt.
Wissen «initiiert» werden.
wie traditionelle 

Glaubenssysteme und ̈ber Religionen lernen
̈ber sich selbst lernen

naturwissenschaftlich Eine ̈ber f̈nfzig Jahre dauernde Erfahrung
Beim «Lernen von Religion» geht es um ein 
mit Religionsunterricht, welcher Kinder aller
Lernen ̈ber sich selbst. Ausgehend von ei- 
gepr̈gte Weltan- 
schauungen Menschsein Religionen und Weltanschauungen einbe-
genen Erfahrungen und im Austausch mit- 
ziehen soll, hat England. Das Fach Religion
einander lernen Kinder, kritisch ̈ber grosse 
definieren.
ist seit den Achtzigerjahren sogar gesetzlich
Fragen und «Signale von Transzendenz» im 

vorgeschrieben. So ist es nicht erstaunlich,
eigenen Leben nachzudenken. Sie werden 
dass von dort ausgereifte und einflussreiche sich eigener und fremder, das Leben be- 

religionsp̈dagogische Theorien stammen.
stimmender Grundwerte bewusst, denken
Das Konzept von Michael Grimmitt8 ist wohl das bekannteste ̈ber die Unvermeidlichkeit, an etwas zu glauben, nach und 

und am breitesten anerkannte. Im Mittelpunkt des Vermittelns von lernen, f̈r eigene Entscheidungen Verantwortung zu ̈berneh- 
Religion in der Schule stehen bei ihm weder Politik noch Religion, men. Glaubenskonzepte der grossen Religionen sollen dabei auf 
sondern das Kind, und das, was dieses f̈r seine menschliche pers̈nliche Relevanz hin kritisch hinterfragt werden: Sind diese 

Entwicklung braucht. Lernen ist f̈r ihn ein Prozess, in dessen Glaubensinhalte ̈berzeugend? Warum? Warum nicht? Wenn ich 
Verlauf sich «Lernen ̈ber Religion» und «Lernen von Religion»9 so denken ẅrde, was ẅrde das in meinem Leben ̈ndern? 

gegenseitig erg̈nzen sollen. Diese beiden Arten des Lernens Welches sind in dieser Sache meine eigenen ̈berzeugungen? 
werden hier kurz als didaktische Anregung f̈r Lehrpersonen vor- Was lerne ich dabei ̈ber mich? Ziel dieser Bem̈hungen sind 
gestellt. Anschliessend wird kurz aufgezeigt, welche Rolle sie in die Selbsterkenntnis, die pers̈nliche Auseinandersetzung mit 

der Ausbildung an der PHTG spielen. «Lernen ̈ber Religion» um- der eigenen Religiosiẗt, fremden Weltanschauungen und somit 
schreibt Grimmitt als Erwerben von Wissen ̈ber Glaube, Lehren,
eine fortschreitende Autonomie.





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