Page 17 - Schulblatt Thurgau 06 2013
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Schulblatt Thurgau 6 • Dezember 2013 F o k u s 17
eine evangelikale Gemeinschaft z.B. schreibt: «Zweifel sind die zwischen den Zeilen: die rigide Grundhaltung, eine gewisse Ver-
Einfallstore der D̈monen», so m̈ssen Zweifel per definitionem bissenheit, L̈sungsversuche gestalteten sich enorm schwierig
konsequent bek̈mpft werden, bevor sie ̈berhand nehmen. Un- und konfliktreich. Ich hatte damals den Eindruck, die Lehrper-
erẅnschte Gef̈hle werden d̈monisiert oder tabuisiert. Das sonen seien in ihrem System gefangen, f̈hlten sich durch das
kann Betroffene in grosse innere N̈te sẗrzen.
Engagement der Eltern extrem angegriffen, unf̈hig, systemisch
zu denken und die Probleme sachlich anzugehen. Die VPM-
Bitte erkl̈ren sie mir indoktrin̈res Handeln!
Lehrpersonen ẅrden dies ̈brigens ganz anders beschreiben.
Der Schulp̈dagoge Karl Zenke beschreibt Indoktrination als
«gezielte Beeinflussung der Meinungsbildung anderer unter Eltern untersagen, dass Preusslers «Die kleine Hexe»
Ausnutzung von Abḧngigkeiten, autoriẗrer Macht und Kontrolle oder Enzensbergers Mathe-Buch «Der Zahlenteufel»
der Informationsm̈glichkeiten». In geschlossenen Denksys- einzig der Begriffe «Hexe» respektive «Teufel» wegen
temen findet indoktrin̈res Handeln N̈hrboden. Ein Beispiel zur Einzug in den unterricht ihrer spr̈sslinge finden.
Illustration: Die 90-er Jahren waren die Hochbl̈te des VPM, des Wie reagiert die aufgeschlossene Lehrperson?
Vereins zur F̈rderung der Psychologischen Menschenkenntnis. Hier m̈chte ich einen Bogen schlagen, um zu erkl̈ren, warum
In einem Kindergarten beispielsweise leitete die VPM-Erzieherin die genannten und auch andere Kinderbuchklassiker in gewis-
die Kleinen an, nicht vom selben Apfel zu essen und nicht aus sen evangelikalen Kreisen auf grosse Ablehnung stossen. Dort
demselben Becher zu trinken. Hintergrund dieser Anweisung herrscht n̈mlich die schematische ̈berzeugung vor, dass es
war die grosse Infektionsangst der Gruppe. Diese war meiner eine gute und eine b̈se Macht gibt, Gott und sein Widersa-
Meinung nach wiederum Ausdruck einer grundlegenden Le- cher Satan. Die b̈sen M̈chte werden als reale Bedrohung
bensangst. Es f̈hrte dazu, dass jegliches Denken, F̈hlen und verstanden. Unter dem Begriff Okkultismus fallen verschie-
Handeln einer strikten Kontrolle, begr̈ndet mit dem psycho- dene Verfahren oder Vorstellungen wie Pendeln, Tischer̈-
logischen Konzept der Gruppe, unterworfen wurden. Im VPM cken, Astrologie, der geheime Wunsch bei Sternschnuppen,
waren viele Lehrpersonen, P̈dagogen und Psychologinnen aber auch Literatur, die dem B̈sen zu viel Macht zuspricht.
aktiv. Daher kam es regelm̈ssig zu Konflikten im Lehrerkolle- Zwergen, Feen, Elfen werden nicht als Symbolfiguren auf-
gium und mit den Eltern. An den konkreten Unterrichtseinheiten gefasst, sondern als Strategie Satans, den Menschen in den
der VPM-Lehrpersonen war inhaltlich nichts auszusetzen – sie Aberglauben zu f̈hren und ihn daran zu hindern, die Wahrheit
hielten sich korrekt an den Lehrplan. Die Schwierigkeiten lagen
des Wort Gottes zu erkennen. Streng evangelikal gl̈ubige El-
Grundhaltungen wie «Zweifel sind die Einfallstore f̈r D̈monen» will Susanne Schaaf von InfoSekta entgegentreten. Bild: Urs Zuppinger