Page 20 - Schulblatt Thurgau Juni 2015
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20 F O K U S Schulblatt Thurgau 3 • Juni 2015
PORTRÄT
Michael Stäheli, *1973, arbeitete mehrere Jahre als Primarlehrer auf der Mittelstufe in Amriswil. Er hatte anschliessend ver- schiedene Funktionen im sozialen Bereich inne und studierte berufsbegleitend Soziale Arbeit. Seit Oktober 2010 arbeitet er in der Fachstelle Schulevaluation des Amts für Volksschule, wo er sich an der Entwicklung des Evaluationsverfahrens für den zweiten Zyklus beteiligte.
«Systematische Schülerinnen- und Schülerbefragungen haben sich als praxis- taugliches Instrument bewährt, um den eigenen Unterricht zu überdenken.»
HINTERGRUND
Nachfragen, überdenken, verbessern
Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern zum Unterricht dienen den Lehrpersonen als Ausgangs- punkt, um Lernprozesse bewusster zu gestalten.
Michael Stäheli, Abteilung Schulevaluation, AV
Lehrpersonen stellt sich immer wieder die Frage, wer die Qualität ihres Unterrichts wohl am besten beurteilen kann. Fachpersonen haben nur punktuelle Einblicke,
um ihnen eine fundierte Rückmeldung zum Unterrichtsgesche- hen zu geben.
Die Schülerinnen und Schüler erleben die Lehrpersonen hin- gegen jeden Tag. Sie kennen die Stärken und Schwächen des Unterrichts wie sonst kaum jemand. Wurster und Gärtner zeigen in ihren Untersuchungen1 auf, dass Befragungen von Schüle- rinnen und Schülern ein verlässlicheres Bild ergeben als Beo- bachtungen von Fachpersonen im Unterricht. Das können wir als Fachstelle Schulevaluation bestätigen. Wir befragen deshalb alle Kinder und Jugendlichen ab der Mittelstufe systematisch zur Unterrichts- und Schulqualität.
In Gesprächen mit Lehrpersonen stellen wir wiederum regelmässig fest, dass diese zuweilen skeptisch sind, ob Schülerinnen und Schüler das Unterrichtsgeschehen angemessen zu beurteilen vermögen. Ihre Rückmeldungen seien fachlich nicht ausreichend begründet. Schliesslich seien Kinder und Jugendliche ja auch keine ausgebildeten Pädagogen. Sie hätten kein fachdidak- tisches oder methodisches Wissen, wie Lernprozesse zu gestal- ten seien oder eine Klasse zu führen sei.
Rückmeldungen zum Unterricht werden noch
wenig systematisch genutzt
Mit dem Aufbau einer schulinternen Kultur der Selbstevalua- tion ist während der letzten Jahre das Bewusstsein gewach- sen, dass Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern bedeutsam sind. Wir befragten eine umfangreiche Stichprobe von rund einem Viertel aller Thurgauer Primarlehrpersonen und rund einem Drittel aller Sekundarlehrpersonen, ob an ihrer Schule gezielt Rückmeldungen zur Schulqualität bei den Kin- dern und Jugendlichen eingeholt werden (Grafik A). In der Tendenz scheint das auf der Sekundarstufe I etwas häufiger der Fall zu sein als auf der Primarstufe. Zwei Fünftel der Lehr-


































































































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