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Schulblatt Thurgau 3 • Juni 2014 F O K U S 7
Sarah, 3. Klasse
Befunde zur ̈berwachung und Besprechung
der Hausaufgaben
Hausaufgaben, die lediglich aufgegeben, aber nicht besprochen
bzw. kontrolliert werden, sind vermutlich wertlos und d̈rften
sogar die Arbeitsmoral der Scḧlerinnen und Scḧler untergra-
ben. Dabei stehen die folgenden Fragen im Zentrum:
• Wann engagieren sich Scḧlerinnen und Scḧler bei den
Hausaufgaben?
• Wie werden Hausaufgaben in den Unterricht integriert? Ist es
ausreichend, sie zu kontrollieren?
Hausaufgaben werden eher erledigt, wenn sich die Scḧlerinnen
und Scḧler davon einen pers̈nlichen Nutzen versprechen. Der
Nutzen kann darin bestehen, bei einer Pr̈fung erfolgreicher ab-
zuschneiden oder dass das Gelernte im allẗglichen Leben, zum
Beispiel f̈r den sp̈teren Beruf, n̈tzlich ist. Des Weiteren erledi-
gen Scḧlerinnen und Scḧler ihre Hausaufgaben eher, wenn sie
erwarten, dass sie die gestellten Aufgaben auch tats̈chlich l̈sen
k̈nnen (s. auch obige Angaben zur Qualiẗt). Es ist daher vorteil-
haft, den Nutzen von Hausaufgaben mit der Schulklasse hin und
wieder zu besprechen. Bei Motivationsdefiziten einzelner Scḧ-
lerinnen und Scḧler sind p̈dagogische Interventionen jedoch
vielfach unumg̈nglich. Auf der anderen Seite kann aber auch die
Behandlung der Hausaufgaben im Unterricht wesentlich dazu bei-
tragen, dass sie sorgf̈ltiger erledigt werden. Unsere Ergebnisse
zeigen durchgehend, dass eine reine Erledigungskontrolle nicht
ausreicht, z. B. indem einfach gepr̈ft wird, ob sie korrekt gemacht
worden sind. Erfolgreicher sind Lehrpersonen, die nicht nur auf die
Ergebnisse achten, sondern die sich auch f̈r die Fragen und L̈-
sungsprozesse der Scḧlerinnen und Scḧler interessieren. Diese
Lehrpersonen nutzen die erbrachten Leistungen als Impulse f̈r
den nachfolgenden Unterricht, z.B. aufgrund aufgetauchter Feh-
ler. Als wirksam haben sich auch kritisch-konstruktive, kurze
PORTR̈T
schriftliche R̈ckmeldungen erwiesen. Diese sollten jedoch den
Lernstoff bzw. die Aufgaben und nicht die Person der Scḧle- Dr. Alois Niggli ist Professor f̈r Allgemeine Didaktik und Lei-
rinnen und Scḧler betreffen. Es ist durchaus ausreichend, wenn ter der Dienststelle Forschung an der P̈dagogischen Hoch-
dies einmal pro Woche oder alle zwei Wochen praktiziert wird.
schule Freiburg. Ferner ist er Lehrbeauftragter f̈r Allgemeine
Didaktik an der Universiẗt Freiburg. Seine Forschungs-
Diskussionsansẗsse aufgrund der Forschungslage
schwerpunkte sind: Hausaufgaben, Innere Differenzierung
Obwohl noch manche Fragen offen bleiben, sind aufgrund der im Unterricht, Leseforschung im Kontext Schule-Familie und
Forschungslage gewisse Tendenzen f̈r Lehrerinnen und Lehrer Mentoring von Lehramtsstudierenden im Praktikum.
erkennbar. Eine hohe zeitliche Belastung ist kontraproduktiv. Hin-
gegen sollten Hausaufgaben regelm̈ssig erteilt werden, wenn Seine j̈ngste umfangreichere Publikation ist 2013 erschie-
die Entwicklung der Leistung positiv beeinflusst werden soll. Dies nen und befasst sich mit Fragen der Inneren Differenzierung:
ist aber nicht in allen F̈chern gleichermassen m̈glich. Die Be- «Didaktische Inszenierung binnendifferenzierter Lernumge-
lastung f̈r die Scḧlerinnen und Scḧler ẅrde ansonsten zu bungen. Theorie – Empirie – Konzepte – Praxis» (siehe S. 26)
gross werden. Auch sind nicht f̈r alle F̈cher gleich viele Lektio-
nen im Stundenplan reserviert. Eine Strategie kann sein, sich
auf bestimmte F̈cher zu konzentrieren. Ein Schwerpunkt kann
beispielsweise die Lesef̈rderung in der Grundschule sein. Bei
Leseaufgaben f̈llt es leichter, die Menge pro Lektion individuell
anzupassen und regelm̈ssig Lesehausaufgaben zu erteilen. In
anderen F̈chern ist dies schwieriger zu realisieren. Im Fach Ma-
thematik, wo Probleme zu l̈sen sind, k̈nnen Scḧlerinnen und
Scḧler demotiviert werden, wenn sie wichtige Aufgaben nicht
beẅltigen k̈nnen. Infolgedessen k̈nnen sich Anpassungen
nicht auf die Aufgabenmenge beschr̈nken. F̈r Schẅchere
kann es sinnvoll sein, das, was sie k̈nnen, zu vertiefen. Sẗrkere
k̈nnen hingegen mit anspruchsvolleren Problemen konfrontiert