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6 F O K U S Schulblatt Thurgau 3 • Juni 2014













«Es ẅre zu ̈ber- 

legen, anstelle formaler 

Grammatik̈bungen

zu Hause vermehrt 


produktive Arbeiten 

zu l̈sen.»


e
Flavio, 4. Klass






ben sassen, schlechtere Leistungen erbrachten. Lange ̈ber den Effekte hatten. Die Scḧlerinnen und Scḧler dieser Lehrper- 
Hausaufgaben br̈ten lohnte sich nicht, im Gegenteil. Eine Erkl̈- sonen strengten sich mehr an und zeigten am Ende des Jah- 

rung daf̈r kann im folgenden Zusammenhang gesehen werden. res bessere Leistungen. Das war umso erstaunlicher, weil die 
Wer sich anstrengte, gab in der Untersuchung nicht zugleich an, Ḧufigkeit der Hausaufgaben im Franz̈sischunterricht (s. oben) 
er ẅrde mehr Zeit ben̈tigen. Manche Scḧlerinnen und Scḧ- keinen Einfluss auf die Leistung hatte. Es waren somit qualita- 

ler, die bei Ihren Hausaufgaben viel Zeit aufwendeten, arbeiteten tive Faktoren, die den Ausschlag gaben. Das Anspruchsniveau 
m̈glicherweise unkonzentrierter oder weniger zielstrebig.
kann aber ein zweischneidiges Schwert sein. Mathematiklehr- 

personen k̈nnen diese Erkenntnisse nicht unbesehen auf 
Befunde zur Qualiẗt von Hausaufgaben
ihren Unterricht ̈bertragen. Waren die Hausaufgaben im Fach 

Ḧufig wird kritisiert, Hausaufgaben seien wenig anspruchsvoll und Mathematik anspruchsvoll, dann zeigten diese Schulklassen im 
besẗnden haupts̈chlich aus mechanisch reproduktivem Lernen. Durchschnitt zwar bessere Leistungen. Betrachtete man jedoch 
Davon ausgehend lassen sich die folgenden Fragen formulieren:
die Auswirkungen bei den einzelnen Scḧlerinnen und Scḧlern, 

• Haben anspruchsvollere und anregende Hausaufgaben einen
dann fielen die Leistungen der schẅcheren schlechter aus. Of- 
Einfluss auf die Art und Weise, wie die Scḧlerinnen und
fensichtlich wurden manche vom Schwierigkeitsgrad ̈berfor- 

Scḧler ihre Hausaufgaben erledigen?
dert. In solchen F̈llen m̈ssen Lehrpersonen das angemessene 
• Hat die Qualiẗt der Hausaufgaben einen Einfluss auf die Leis-
Niveau intuitiv abẅgen und kommen um gewisse Differenzie- 

tung der Scḧlerinnen und Scḧler?
rungsmassnahmen nicht herum.

Wenn Lehrpersonen vermehrt angaben, ihre Hausaufgaben 

im Franz̈sischunterricht ẅrden vor allem dazu dienen, den 
Stoff der vergangenen Stunde zu Hause zu wiederholen und 
Sascha
zu ̈ben, dann strengten sich ihre Scḧlerinnen und Scḧler zu , 4. Klasse
Hause weniger an. Am Ende des Jahres hatten sie schlechtere 

Leistungen als Scḧlerinnen und Scḧler, bei denen das ̈ben/ 
Wiederholen weniger im Vordergrund stand. Dieses Ergebnis 
widerspricht g̈ngigen Vorstellungen ̈ber den Zweck der Haus- 

aufgaben und kann bei Lehrpersonen spontan Erstaunen und 
Unglauben provozieren. Versucht man den Befund zu erkl̈ren, 

dann liegt die Vermutung nahe, dass sich die Scḧlerinnen und 
Scḧler bei solchen Aufgaben langweilen und sich deshalb zu 

wenig anstrengen. ̈ben und Wiederholen kann man im Fremd- 
sprachenunterricht in der Schule abwechslungsreicher als f̈r 
das Lernen zu Hause organisieren. Die Tatsache, dass auch 

gëbt werden muss, ist jedoch unbestritten. Infolgedessen ẅre 
zu ̈berlegen, ob z.B. anstelle formaler Grammatik̈bungen zu 

Hause vermehrt produktive Aufgaben gel̈st werden k̈nnten. 
Zu diesem Zweck wurden in der Studie Hausaufgaben-Proto- 
kolle der Lehrpersonen analysiert. Es zeigte sich, dass Haus- 

aufgaben, die anregender und kognitiv anspruchsvoller waren 
(z.B. kleine Texte verfassen oder Dialoge vorbereiten) positive





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