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50 RUND UM DIE SCHULE Schulblatt Thurgau 2 • April 2014








mit ihren kinderen von dem kleinsten an, das gehen und etwas KANTONALE RANGLISTE VON 
b̈ten und aufsagen kan, bis auf diejenigen die zwanzig bis 1875 BIS1882

ein und zwanzig jahr alt sind.» Dieses Examen begann sechs 
Wochen vor Ostern, da jede der dreizehn Klassen von Altnau 
und Illighausen f̈r einen Nachmittag ins Pfarrhaus aufgeboten 

wurde. Anhand des Gemeinderodels wurde jede Familie aufge- 
rufen und alle deren Mitglieder einzeln gepr̈ft. Die Probeschrif- 

ten wurden begutachtet, die auswendig gelernten Gebete und 
Psalmen mussten aufgesagt werden, «examinirt sie kurz ̈ber 

eine wahrheit der religion» und pr̈fte die J̈ngeren im Buchsta- 
bieren, Lesen und in Fragen des «grossen und kleinen Catechismo». 
«Zulezt ḧlt der pfarrer eine anrede an die elteren, und bescḧmt 

diejenigen unter ihnen durch ofentliche ahndung oder bestra- 
fung, die ihre kinder liederlich zur schul geschikt und ihnen 

eine schlechte auferziehung gegeben haben, r̈hmt der recht- 
schafene ihren fleiss und eifer, und scḧrft ihnen die n̈thigen 
reglen einer klugen und sorgf̈ltigen erziehung ein, gibt auch 

den kinderen die ben̈thigten verhaltungs reglen. Hernach wird 
diss examen mit geb̈tt beschlossen.» 5 Zum Abschluss des Exa- 

mens wurden vielerorts Pr̈mien verteilt, oft gar abgestuft nach 
den erbrachten Leistungen. In Frauenfeld bestanden diese in 

«weggen und bey den schreiberen in papier 6, und in M̈rstetten 
wurde 1770 oder 1771 gar Geld verteilt, «da nach dem grade 
des fleisses 3, 4, 5, 6 bis 8 xr. (= Kreuzer) einem kind gegeben 

wurden. In zukunft aber sollen f̈r geld n̈zliche schulb̈chlein 
angeschaft und ausgetheilt werden».7 Um die Lernfortschritte 

festzustellen, wurden in Berlingen die Probeschriften des Vor- 
jahres mit den aktuellen verglichen; «die kleineren probschrifften 

werden mit 2 xr. und 3 b̈gen papier und die gr̈sseren mit 3 xr. PUBLIZIERTE REKRUTEN-NAMEN MIT 
und 6 b̈gen papier honoriert.» Dank dem Legat eines ehema- BERUF UND PR̈FUNGSERGEBNISSEN 
ligen Schulmeisters konnten den Fleissigen unter den armen 
IM AMTSBLATT OBWALDEN 1894
Kindern zus̈tzlich noch Schulb̈cher ausgeteilt werden. Nach 
Entlassung der Kinder folgte «der ausstand des schulmeisters 

und die censur ̈ber ihne und seinen schuldienst». 8


Das Schulgesetz von 1833 regelte das Examen in §13 bis 16 
detailliert. Es hatte am Ende der Winterschule in Anwesenheit 
der Schulvorsteherschaft, des Pfarrers und wom̈glich des Ins- 

pektors als ̈ffentliche Pr̈fung stattzufinden, zu der die Eltern 
am Sonntag zuvor von der Kanzel eingeladen wurden. Gepr̈ft 

wurden alle unterrichteten F̈cher und die Ergebnisse ins Schul- 
protokoll eingetragen. Die Schulvorsteher hatten daf̈r zu sor- 

gen, dass die «Austheilung von Schulgaben in zweckm̈ssige 
Verbindung mit der Schulpr̈fung gebracht» wurden. Beim Aus- 
tritt aus der Repetierschule (Sekundarstufe) erhielt jedes Kind 

einen vom Pr̈sidenten der Schulvorsteherschaft unterzeichne- 
ten Entlassungsschein und «ohne Vorweisung eines solchen 

Scheines wird Evangelischer Seits keinem Kinde die kirchliche 
Confirmation ertheilt.» 9


Die p̈dagogischen Rekrutenpr̈fungen
Um die Wirksamkeit der ̈ffentlichen Schulen festzustellen, wur- 

den bereits ab 183210, sp̈testens ab 185411 in verschiedenen 
Kantonen «p̈dagogische Rekrutenpr̈fenungen» durchgef̈hrt. 

Die Rekrutenpr̈fungen zielten direkt auf den «Output» der 
Volksschule. Anhand der Leistungen in Lesen, Aufsatz, Rechnen 
sowie Vaterlandskunde sollte der Bund Informationen ̈ber die 

F̈higkeiten der Rekruten erhalten – oder genauer gesagt ̈ber 
die Qualiẗt der ̈ffentlichen Schule. Das entspricht den Studien





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