Page 28 - Schulblatt Thurgau 02 2014
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28 F O K U S Schulblatt Thurgau 2 • April 2014
PRAXIS
360°-Sicht auf
die Befindlichkeit
Selbstevaluationen sind fester Bestandteil im Sekundar-
schulzentrum Befang Sulgen.
Urs Zuppinger
G
inge es nach dem Sulger Drittsekundarscḧler Mo-
ritz, k̈nnte man getrost auf Umfragen verzichten. Er
ḧtte schon mindestens f̈nf grosse Umfragen durch-
gespielt und sp̈re wenig Ver̈nderungen. «Wir setzen uns sicher
keine grossen Ziele mehr f̈r den Rest der Schulzeit», meint er
lakonisch.
Hingegen finden Sina und Boris aus der 2. Klasse Umfragen
toll: «Da k̈nnen wir unserer Lehrerin mal zeigen, wie sehr wir
Fan von ihrem Unterricht sind. Keiner geht doch nach der Lek-
tion zu ihr hin und lobt sie. Voll peinlich! Da wirst du gleich als
Schleimer taxiert.» Dass gegenseitig zu wenig gelobt werde,
sei aktuell grad das Thema, pflichtet Schulleiter Hannes B̈r Der Eingang zum Schulhaus Befang, Sulgen.
den 45% negativ Stimmenden bei. Ihm schwebt eine Art Lob-
Protokoll auf dem Pult seiner Lehrpersonen vor, quasi «Heute
schon gelobt?». Die Gesamtauswertung besẗtige dieses Bild absolut wohl im Befang, gerade mal zwei Scḧler von 210 fin-
nicht unbedingt, werde jedoch pro Klasse nachgepr̈ft, sei der den sich am andern Ende des Spektrums. Das sei nicht zu top-
Mangel offenkundig. «F̈r mich verẅssert ein Zusammenzug pen. «In der 6. Klasse ḧrten wir nichts so Gutes vom Befang»,
der Resultate den Gesamteindruck, aussagekr̈ftiger sind ge- erz̈hlt Zweitkl̈ssler Boris, «deshalb hatte ich Angst vor dem
filterte Auswertungen. Damit k̈nnen wir was anfangen! Ent- ̈bertritt. Kaum war ich hier, sp̈rte ich absolut nichts Nega-
scheidend ist schliesslich, was eine Klassenlehrperson mit den tives!» Deckten die Fragen auch eure Bed̈rfnisse ab? Sina
Daten anstellt.» Allein schon, dass gegen̈ber fr̈her nun in den z̈gert nicht lange: «Gerne ẅrden wir mal befragt, wie wir die
Statements zwischen «meine Klassenlehrperson» und «meine Pr̈fungsmassierungen vor den Ferien oder dem Zeugnis emp-
Fachlehrperson» differenziert ẅrde, wirke sich auf die Rele- finden.» Da scheinen die Erziehungsverantwortlichen schon
vanz aus.
gen̈gsamer:
Das Gute evaluieren?
Was soll ich mich an 95 Fragen abrackern, wenn doch alles in Ord-
Hannes B̈r liegt das Wohlbefinden jedes Einzelnen sehr am nung ist? ḧrt B̈r immer wieder von den Eltern, als sie den Fra-
Herzen. Die Beḧrde hielt sogar in ihren strategischen Zie- genkatalog der thurgauer Schulevaluation ḧtten durcharbeiten
len fest, dass die Schulleitung regelm̈ssig dieses erkunden m̈ssen. Das richtige Mass an Umfragen zu Elternabend, Skilager,
muss. «Eine Selbstevaluation darf ruhig auch eine Besẗtigung Besuchstagen, ̈bertritt, Schulleben allgemein, Wochen- oder
des eigenen Bestrebens sein», ist B̈r ̈berzeugt. Wie erkl̈rt Semesterr̈ckblick zu finden ist herausfordernd. Klassenspezi-
er sich den diesbez̈glichen eklatanten Zustimmungsanstieg fisch ist das immer auch ergiebiger, weil die direkte Umsetzung
seit 2011? «Fluktuationen sind stets eine Chance, sein Profil der Ergebnisse weit fassbarer ist. Die Anspr̈che sind hoch: Der
zu sẗrken und Neuanstellungen dahingehend auszuẅhlen, Schulleiter l̈sst seinen Lehrpersonen nach der Einsichtnahme
dass sie mitziehen.» Heute f̈hlen sich 90% der Jugendlichen
der Auswertungen jeweils gut einen Monat Zeit, Ziele und Mass-