Page 19 - Schulblatt Thurgau 02 2014
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Schulblatt Thurgau 2 • April 2014 F O K U S 19








Selbstevaluation des Unterrichts aus. Die EMU-Software visua- 
lisiert die Antwortverteilung (in Gestalt von Stabdiagrammen) in- PORTR̈TS

nerhalb der Klasse. und kann so f̈r Heterogeniẗt innerhalb der 
Klasse sensibilisieren. Im obigen Beispiel zeigt sich z.B. ein Kon- Prof. Dr. Andreas Helmke, 
sens bei der Einscḧtzung von Freundlichkeit, Wertscḧtzung bis 2013 an der Uni Kob- 

und Geduld (Items 6 bis 8). Bei der Wartezeit auf Fragen dage- lenz-Landau, Lehrstuhl f̈r 
gen (Item 9) streuen die Urteile innerhalb der Klasse erheblich. Entwicklungspsychologie, 

Insofern kann die Visualisierung von Scḧlerfeedbacks dazu seit 2014 Uni Konstanz, 
beitragen, f̈r Heterogeniẗt zu sensibilisieren: Ein und dasselbe Empirische Bildungsfor- 

Unterrichtsangebot wird von unterschiedlichen Scḧlern je nach schung. Beteiligung an 
Vorkenntnissen und Lernpr̈ferenzen oft ganz unterschiedlich der Aus- und Weiterbil-
wahrgenommen, interpretiert und genutzt. Oder: Verschiedene 
dung von Lehrpersonen, Schulleitungen und Schul- 
Scḧler werden unterschiedlich behandelt, erhalten z.B. unter- 
schiedlich viel Zeit zum Nachdenken.
aufsicht. Berater mehrerer Bildungsministerien und 
Bildungsdirektionen sowie des vietnamesischen Erzie- 

Unterrichtsdiagnostik und Unterrichtsentwicklung
hungsministeriums. www.andreas-helmke.de
Die Ergebnisse der Unterrichtsdiagnostik liefern keine direkten 

Handlungsanweisungen, wie der Unterricht gëndert werden Dr. Tuyet Helmke, Lehr- 
sollte. Vielmehr m̈ssen die Ergebnisse bewertet, erkl̈rt und 
ẗtigkeit an der PH Hanoi/ 
eingeordnet werden. Dabei ist zu beachten, dass Unterricht Vietnam, 1995 Promotion 
Teil eines komplexen Wirkgeflechtes ist, das auch andere 
in Psychologie an der Uni 
Faktoren umfasst: die Lehrerpers̈nlichkeit, insbesondere das Potsdam, anschliessend 
professionelle Wissen und K̈nnen der Lehrer, Lernpoten- 
zial und Lernbereitschaft der Scḧler sowie den Schul- und Direktorin des Center of 
Development and Staff 
Klassenkontext. Der kollegiale Reflexionsprozess erfolgt bei 
EMU in Gestalt von Tandems, die auf gleicher Augenḧhe Training im Vietnamesi-

und im bewertungsfreien Raum agieren. Der Abgleich schafft schen Erziehungsministerium. Seit 2002 Senior Re- 
Anl̈sse, um gemeinsam ̈ber Verlauf und Ertrag der Unter- searcher an der Uni Koblenz-Landau, Fachbereich 

richtsstunde, ̈ber Konsens und Dissens bei der Beurteilung Psychologie, seit 2014 Uni Konstanz, Empirische Bil- 
nachzudenken: «Hier diskutieren, bewerten und planen sie dungsforschung. www.tuyet-helmke.de
ihren Unterricht im Licht der Feedback-Evidenz . Dies ist nicht 

(nur) kritische Reflexion, sondern kritische Reflexion im Licht 
der Evidenz, also im Licht empirischer Belege zu ihrem Unter- 

richt» (Hattie, 2013, S.281).Die evidenzbasierte und kriterien- 
geleitete Reflexion des eigenen Unterrichts ist nach unseren 

Erfahrungen mit EMU der Schl̈ssel f̈r eine erfolgreiche Un- 
terrichtsentwicklung. Ergebnis eines solchen Austauschs kann 
die Verabredung spezifischer Ver̈nderungen sein, die in einer 

folgenden Unterrichtsphase umgesetzt und anschliessend 
durch eine erneut durchgef̈hrte Unterrichtsdiagnostik evaluiert 

werden k̈nnen. Im Idealfall ist EMU eingebettet in ein umfas- 
sendes und kontinuierliches Programm der systematischen 

Unterrichtsentwicklung.




INFORMATIONEN
LITERATUR


EMU und EMUplus stehen der Schulpraxis und der Lehrerbil- • Hattie, J. (2013). Lernen sichtbar machen. Von W. Beywl und K. Zierer ̈ber- 
arbeitete deutsche Ausgabe von «Visible learning». Hohengehren: Schneider.
dung kostenfrei zur Verf̈gung. Die Programme sind selbsterkl̈- 
rend, modular aufgebaut und bieten viele Einstiegsm̈glichkeiten. • Helmke, A. (2014). Unterrichtsqualiẗt und Lehrerprofessionaliẗt. 
Das Material wird kontinuierlich verbessert und erg̈nzt.
Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (5. Aufl.). 
Seelze: Klett-Kallmeyer.

Bei Problemen sagen wir unverz̈glichen Support per Mail zu: • Helmke, A., Helmke, T., Lenske, G., Pham, G., Praetorius, A.-K., 
Schrader, F.-W. & Ade-Thurow, M. (2010). Unterrichtsdiagnostik. 
unterrichtsdiagnostik@gmail.com
Studienbrief im Auftrag der Deutschen Kultusministerkonferenz. 

Downloads
Version 2.4 vom 01.02.2014. www.unterrichtsdiagnostik.info
• Helmke, A. & Lenske, G. (2013). Unterrichtsdiagnostik als Grundlage 
www.unterrichtsdiagnostik.info
f̈r Unterrichtsentwicklung. Beitr̈ge zur Lehrerbildung, 31 (2), 214-233. 

www.bzl-online.ch / archiv / heft / 2013 / 2




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