Page 35 - Schulblatt Thurgau Februar 2015
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«Anwenden» mit Transfer-/Syntheseaufgaben Didaktische Funktion: Transfer- und Syntheseaufgaben führen die erarbeiteten und geübten Aspekte einer Zielkompetenz wie- der zusammen. Sie setzen Neues mit Bekanntem in Bezug. Sie ermöglichen aktiv-entdeckendes Lernen, regen zum Austausch an und stärken das Kompetenzerleben.
Merkmale: Transfer- und Syntheseaufgaben führen die Phase des in einzelne Aspekte aufgeschlüsselten Kompetenzaufbaus in die Phase der Analogiebildung. Die Denk- und Handlungsoptionen werden erweitert und bei gelingendem Unterricht wird in den Transfer- und Syntheseaufgaben das Niveau der beabsichtigten (Ziel-)Kompetenz erreicht. Typisch für Transfer- und Syntheseauf- gaben ist, dass sie...
• lebensweltliche Vorstellungen und / oder fachbedeutsames Wissen und Fähigkeiten aktivieren (Grad der Authentizität).
• weiten Transfer ermöglichen (Art der Kognition).
• wenig strukturiert sind und Transformation fordern
(Grad der Komplexität).
• profilbildend sind (Grad der Differenzierung).
Das Prozessmodell
Die unterschiedlichen Aufgabentypen können im sogenannten Prozessmodell (Luthiger, Wilhelm & Wespi, 2014) dargestellt wer- den (Abbildung 1). Das Prozessmodell startet – und endet – in der Lebenswelt der Lernenden, also bei ihren Alltagskonzepten und Alltagskompetenzen. Im Unterricht wird ein Phänomen / Pro- blem dieser Lebenswelt hinterfragt und aus einem neuen Blick- winkel betrachtet. Selbstverständlich bildet das Prozessmodell nie die gesamte Unterrichtswirklichkeit ab. Dennoch stellt es eine Hilfe dar, Aufgaben aus einem Aufgabenfundus auszuwäh- len und diese in eine lernwirksame Abfolge zu bringen. Auch ver- läuft der Kompetenzaufbau nicht derart linear, wie es das Modell suggeriert. Gleichwohl hilft es Lehrpersonen, einerseits einen Überblick über die jeweilige Funktion der zu entwickelnden Auf- gaben zu erhalten, andererseits Aufgaben so auszuwählen bzw. zu entwickeln, dass diese für einen vollständigen Kompetenzauf- bau bedeutsam sind und motivierend auf die Lernenden wirken.
Beispiele zu den beschriebenen Aufgabentypen finden Sie in den Unterlagen vom Workshop Nr. 3 der Thementagung: www.schuletg.ch/thementagung_2015
LEHRPLAN 21 AUSGABE 11 · SCHULBLATT FEBRUAR 2015
PORTRÄT
Herbert Luthiger unter- richtete dreizehn Jahre als Sekundarlehrer im Kanton Luzern. Berufsbegleitend
studierte er Pädagogik, Sozialpsychologie und In- formatik an der Universität
Zürich und promovierte mit einer Arbeit zur «Differenz von Lern- und Leistungs- situationen» an der Universität Rostock. Er ist heute Dozent an der PH Luzern und Leiter des Projekts «Aufgaben im kompetenzorientierten Unterricht».
LITERATUR
• Abraham, U. & Müller, A. (2009). Aus Leistungsaufgaben lernen. Praxis Deutsch, 36(214), 4 bis12.
• Köster, J. (2008). Lern- und Leistungsaufgaben im Deutschunterricht. Deutschunterricht, 61(5), 4 bis 8.
• Leuders, T. (2014). Aufgaben in Forschung und Praxis. In B. Ralle, S. Prediger, M. Hammann & M. Rothgangel (Hrsg.), Lernaufgaben entwi- ckeln, bearbeiten und überprüfen (S. 33 bis 50). Münster: Waxmann.
• Luthiger, H., Wilhelm, M. & Wespi, C. (2014). Entwicklung von kompetenzorientierten Aufgabensets. journal für lehrerinnen- und Lehrerbildung, 14(3), 56 bis 66.
• Reusser, K. (1999). KAFKA und SAMBA als Grundfiguren der Artikula- tion des Lehr-Lerngeschehens. In K. Reusser, Skript zur Vorlesung All- gemeine Didaktik. Zürich: Pädagogisches Institut der Universität Zürich.
Abbildung 1: Prozessmodell für die Entwicklung kompetenzorientierter Aufgabensets
Lebenswelt
Alltagskonzepte und -kompetenzen
Unterricht
Problem/Phänomen Kontakt herstellen
FBa
Formative Beurteilungs- Ka aufgabe(n)
Konfrontations- aufgabe
aufbauen
vertiefen und/oder üben
Ea Üa
Erarbeitungs- vertiefen Überarbeitungs-/ aufgabe(n) und/oder Vertiefungs-
üben
aufgabe(n)
anwenden
Transfer-/ Synthese- aufgabe(n)
(über-)fachliche Kompetenzen nutzbar machen
anwenden
Ta
SBa
Summative Beurteilungs- aufgabe(n)
Denken und Handeln

