Page 19 - Schulblatt Thurgau Februar 2015
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Schulblatt Thurgau 1 • Februar 2015 F O K U S 19
Véronique Wirz, Unterstufenlehrerin, Job-Partnerin von M. Bissig
«Ämtchen vereinfachen
unsere Arbeit und die Kinder lernen für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen.»
GESPRÄCH
«Regeln entstehen aus Handlungen»
Der verschobene Stichtag für den Kindergartenein- tritt hat unweigerlich Einfluss auf die Klassenfüh- rung in Kindergarten und Unterstufe. Nicht nur in Schönenberg.
Urs Zuppinger
Was kann einer Vierjährigen an Regeln und Ritua- len schon zugemutet werden? Kolleginnen aus Schönenberg lassen uns an ihren Erfahrungen und Ansichten teilhaben.
Braucht es Regeln?
Sanja Djordjevic: Regeln braucht es. Für eine Gemeinschaft sind sie auf jeden Fall nötig. Für die Kinder vor allem auch als Stütze, um sich daran festzuhalten. Dies gibt ihnen eine Sicherheit. Be- reits am Schnuppertag im Juni führe ich unsere Leitfigur ein: Charly erwartet die Kinder nach den Sommerferien! Jedes Kind erhält ein Tiersymbol, woran es sich orientieren kann. Sein Platz, seine Schublade, seine Box sind entsprechend gekennzeichnet. Daneben arbeite ich mit dem Götti-Gotte-System.
Manuela Bissig: Véronique und ich fragten die Kinder in der ersten Woche: Was braucht es denn fürs Zusammensein? Ge- meinsam mit den Kindern stellten wir Regeln auf und haben diese besprochen. Wir schrieben sie auf ein grosses Plakat. Alle setzten ihren Namen darunter.
Véronique Wirz: Unsere Mädchen und Buben kennen Regeln aus dem Kindergarten. Sie erinnern sich schnell daran.
Sanja: Bei mir entstehen Regeln aus einer Handlung heraus. Ist es im Raum plötzlich laut, verstärke ich meine Stimme nicht. Ein Kind beobachtet, dass Frau Djordjevic nicht mehr verstanden wird: «Wir verstehen Sie ja gar nicht mehr, Frau Djordjevic!» oder ein Kind merkt, dass Charly, unsere Leitfigur, verschwunden ist. Da wende ich dann ein, dass es ihm hier zu laut wurde. Zu jeder Regel bringe ich eine Geschichte und ein Bild als Symbol. Da entstehen die schönsten Dinge. Wir suchen Charly! Wir schrei- ben Charly – und weil die Kinder noch nicht schreiben können, setzen alle einen Fingerabdruck auf das Papier. Das wirkt. So kann ich Tage später auf Charly zurückgreifen und den Kindern sagen, wie super zufrieden er mit ihnen in letzter Zeit war.
Véronique: Uns dient es auch, dass wir einen zweiten Raum haben, wo die Kinder arbeiten können. Zudem haben wir Kopfhörer als Signale: Stülpt sich ein Kind einen Kopfhörer über, will es nicht gestört werden. Diese sind rege im Gebrauch. Manchmal wären sie gar nicht nötig, weil die Kinder grundsätzlich ruhig arbeiten.
Manuela: Müssen uns alle zuhören, läute ich mit der Glocke und die Kinder verschränken die Arme. Will ich mit einem Kind unter vier Augen sprechen, deute ich das an und es nimmt den Kopfhörer ab.
Sanja: Die Kinder wollen weitere Regeln, z. B. gegen das Schla- gen und fürs Teilen. Die Kleinen differenzieren schon sehr gut zwischen dem Rammeln, das wir auch mal zulassen sollen,