Page 14 - Schulblatt Thurgau Februar 2015
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14 F O K U S Schulblatt Thurgau 1 • Februar 2015
«Das Geschehen im Unterricht muss für Lehrer und Schüler verlässlich und vorhersehbar sein.»
THEMA
Die Philosophie des Classroom- Managements
Classroom-Management beruht auf einer präventiv ausgerichteten Unterrichtsorganisation. Der Beitrag beschreibt anhand eines Fallbeispiels, was darunter zu verstehen ist.
Christoph Eichhorn, Schulpsychologe und Buchautor
Die Bedeutung guten Classroom-Managements ist mitt- lerweile durch zahlreiche Studien, so auch von Hattie, hervorragend belegt. Das leuchtet auch spontan ein.
So lange es in einem Klassenzimmer sehr unruhig ist, lernen die Schüler kaum etwas und fühlen sich nicht wohl. Und vor allem nimmt die Lehrer-Schüler-Beziehung schnell Schaden, weil die Lehrperson dauernd ermahnen und zurechtweisen muss.
Die wichtigsten Vorteile von Classroom-Management:
• Erst ein geordnetes Klassenzimmer ermöglicht eine gute Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler.
• Strukturen und Rituale helfen verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern.
• Es ist hochwirksam bei Schülerinnen und Schülern mit ADS und ADHS.
• Es erleichtert die Integration randständiger und sozial isolierter Schülerinnen und Schüler.
Classroom-Management gilt als eines der Hauptqualitätsmerkmale guten Unterrichts:
Wenn die Schülerinnen und Schüler eine positivere Einstellung zu Schule, Lehrer und dem Lernen haben, dann ...
• ... befassen sie sich intensiver mit den Lerninhalten.
• ... arbeiten sie mit mehr Interesse und Engagement.
• ... sind sie zufriedener mit sich und ihren Leistungen.
Classroom-Management als Schulentwicklung
Classroom-Management findet zwar im Klassenzimmer der je- weiligen Lehrperson statt – reicht aber weit darüber hinaus. Denn seine positive Wirkung potenziert sich, wenn sich möglichst alle Lehrpersonen einer Schule darum bemühen,
• ... dass ihr Unterricht geordnet verläuft.
• ... dass sie eine gute Beziehung zu ihren Schülern haben.
• ... dass die Schüler die geltenden Schul- und Klassenregeln
einhalten.
• ... dass sie potentiell störanfällige Klassensituationen
mithilfe von Ritualen präventiv einzudämmen verstehen.
• ...dass sich ihre Schüler im Klassenzimmer wohlfühlen.
Eine allgemeine Übereinkunft ist vor allem in Schulen mit hohen Disziplinproblemen der Dreh- und Angelpunkt, wenn es darum geht, wieder mehr Ordnung herzustellen.
Man einigt sich auf zentrale Rituale:
• Die Schüler betreten das Klassenzimmer ruhig.
• Zimmerwechsel verlaufen geordnet.
• Die Schüler sind still, wenn die Lehrperson etwas erklärt.
Dergestalt ist Unterrichten für alle bedeutend leichter. Schü- lerinnen und Schüler spüren genau, ob die Lehrpersonen, die sie unterrichten, am selben Strick ziehen oder ob welche bei Störverhalten wegschauen, weil sie den Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen wollen. Wenn also die gesamte Schule dem Classroom-Management eine hohe Bedeutung beimisst, dann profitieren alle: Schüler, Lehrer und die Schule. Und alle kommen besser miteinander aus.
Die Philosophie des Classroom-Managements
Ein Beispiel: Lehrer Johannes Döring zieht sich für seine gleich beginnende Sportstunde um. Als er etwas später als seine Schüler die Turnhalle betritt, sitzt einer weinend am Boden. Dö- ring versucht herauszufinden, was geschehen ist und belegt den vermeintlichen Täter mit einer Strafarbeit. Wenige Wochen spä- ter wiederholt sich ein ähnlicher Vorfall. Wieder ist ein gewisser Fabio der Täter. Herr Döring informiert den Schulleiter und ruft Fabios Eltern an. Was geschieht, wenn sich Fabio in drei Wochen ein weiteres Mal undiszipliniert verhält? Welche Sanktionen hat der Lehrer dann noch in petto? Herr Döring kann – statt auf Sanktionen zu setzen – mithilfe von Classroom-Management den Beginn der Sportstunde so strukturieren, dass es schon gar nicht zu solchen Störungen kommt! Aus der Perspektive von Classroom-Management sind die Prioritäten klar: Am wich- tigsten ist bei der oben beschriebenen Ausgangslage, dass der Sportunterricht geordnet beginnt. Das heisst konkret, dass ...
... der Lehrer zu Beginn der Sportstunde in der Turnhalle anwesend zu sein hat.
... er den Beginn der Sportstunde so strukturiert, dass möglichst wenig Störungen auftreten. Weniger bedeutsam ist, ob der Lehrer seinen Schülern Übungen vorturnen kann.
Prästrukturierend handeln
Anders Fritz Fischer: Noch im Klassenzimmer – also vor dem ei- gentlichen Sportunterricht – erklärt er seinen Kindern: «Ich habe in der Turnhalle Tücher ausgelegt. Für jeden von euch liegt auf dem Fussboden der Turnhalle ein eigenes Tuch. Wenn ihr die Halle betretet, geht bitte direkt zu eurem Tuch und setzt euch dort hin. Ihr findet da zudem euer Namensschild.» Angenommen,


































































































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