Page 53 - Schulblatt Thurgau Juni 2015
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BLIND DATE
«In der Musik kann ich den Fehler einfach überspielen ...»
Die Hochschuldozentin Monika Schoy-Lutz lernt die Sekundarschülerin Eva Bürgi kennen und kommt ins Staunen.
Urs Zuppinger
PROLOG
Eva Bürgi: Was machen Sie genau?
Monika Schoy: Ich bilde jene aus, die im Kindergarten oder der Primarschule unterrichten möchten. Ich begleite unsere Studen- tinnen und Studenten in Mathematik und Pädagogik. Wie sieht deine Berufswahl aus, Eva?
Eva: Ich lerne Betreuerin von psychisch Kranken. Früher wollte ich einen elektro-technischen Beruf wählen: Elektro-Installateu- rin oder Polymechanikerin; dass ich zu den psychisch Kranken kam, war Zufall. Kinder wollte ich nicht betreuen, Behinderte auch nicht. Ich schnupperte zuerst bei den Alten und den psy- chisch Kranken.
Monika: Wie muss ich mir das vorstellen?
Eva: Es sind Leute jeden Alters, die nicht selbstständig wohnen können. Die können selbstständig essen und aufs WC gehen und brauchen trotzdem Betreuung.
Monika: Deine Wunschtätigkeit wäre die häusliche Betreuung oder die Anregung zur Bewältigung des Alltags?
Eva: Eigentlich beides, aber am meisten möchte ich sie motivie- ren, etwas zu machen!
Monika: Spannend! Da ist es wichtig, eine gute Gesprächsebene zu finden. Inwiefern kann die Schule da einen Beitrag leisten?
Eva: Nach den Sommerferien habe ich gerade mal eineinhalb Tage Unterricht. Jetzt besuche ich noch die Sek Weinfelden in der Begabtenförderungsklasse Musik. Mein Hauptinstrument ist die Klarinette, im Moment die Bass- und Alt-Klarinette. Das Klavier ist dazu obligatorisch. Das mache ich mega gerne und darum auch nach dem Sommer sicher weiter. Seit dem zweiten Kindergarten nehme ich noch Gesangsstunden.
Monika: Bei uns besuchen alle Studierenden der Vor- und Pri- marschulstufe das Fach Musik. Alle lernen auch ein Instrument bei uns. Du würdest also schon sehr viel mitbringen ... !
Eva: Tja, das habe ich mir uuh lange überlegt, an die PMS zu gehen. Die mündlichen Prüfungen habe ich abgesagt, weil ich am selben Tag die Zusage erhalten habe und grad auch noch krank war. Da dachte ich: Schicksal!
Monika: Das bedauerst du heute nicht?
Eva: Ne, ich bin nicht der grösste Schulfan, der dauernd lernt ...
Monika: Aber ein Musikinstrument zu erlernen bedeutet doch auch üben, üben und nochmals üben ...
Eva: Das mach ich doch gern!
Schulblatt Thurgau 3 • Juni 2015 BLIND DATE 49
«In der Primarschule hiess es daheim immer: repetieren, repetieren!»
VOM FEHLER MACHEN
Monika: Was kannst du mir mitgeben, was ich angehenden Lehrpersonen mitgeben könnte?
Eva: Das können Sie wahrscheinlich auch nicht ändern: Ich habe Mühe, wenn Lehrerinnen oder Lehrer parteiisch sind. Einer wird bevorzugt, der andere nie. Kann man nichts machen. Was wohl eher für Sie geht: Wenn einem die Motivation fehlt, finde ich Einträge komplett falsch.
Monika: Ich favorisiere die förderorientierte Rückmeldung: Zu- erst mal auf den verschiedenen Ebenen schauen, wo der Ein- zelne steht.
Eva: Mein Klassenlehrer macht das so, nimmt uns auch mal raus für ein Gespräch. Er interessiert sich wirklich für uns.
Eva Bürgi
Fokus- Thema


































































































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