Page 24 - Schulblatt Thurgau Juni 2015
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spürt, dass die Lehrperson ihm eine positive Entwicklung und Erfolge zutraut. Misserfolg heisst nicht zu versagen, sondern ist Bestandteil einer grundsätzlich positiven Entwicklung. Vertrauen ist eine wichtige Grundlage einer tragfähigen Beziehung. Diese wird zusätzlich durch eine Lehrperson gestärkt, die die persön- lichen Interessen eines Kindes kennt und immer wieder mal erwähnt («Hat GC gestern gewonnen?»). Wenn das Bedürfnis des Kindes nach einer stabilen und bejahenden Beziehung be- friedigt wird, kann das sein Verhalten enorm positiv verändern. Dies ist die Basis aller weiteren Interventionen.
Das Selbstwertgefühl des Kindes schützen
Der Schutz des Selbstwertgefühls geht einher mit der Vermei- dung von Entwertung und Blossstellung. Dabei geht es nicht darum, unerwünschtes Verhalten zu ignorieren – im Gegen- teil – Lehrpersonen sollen unmittelbar (aber möglichst ruhig und unspektakulär) auf unerwünschtes Verhalten reagieren. So erlebt das Kind, dass die Lehrperson sein Verhalten regis- triert, jedoch nicht toleriert. Die Intervention richtet sich primär an das betroffene Kind und nicht an die ganze Klasse. Oft reicht es, das Kind ermahnend anzuschauen, sich ihm zu nä- hern, auf die Schulter zu tippen. Verbale Rückmeldungen sind kurz und positiv. Die Lehrperson richtet so den Fokus auf den Unterricht und nicht auf das störende Verhalten. Da verbale Signale den Unterricht stärker unterbrechen, sind nonverbale zu bevorzugen.
Das Kind ermutigen
Die Stärkung des Selbstwertes eines Kindes ist in vielen Fäl- len für eine angestrebte Verhaltensveränderung ebenfalls von grosser Bedeutung. Um das zu erreichen, wird das Kind möglichst häufig ermutigt. Ermutigung geschieht durch die Äusserung einer positiven Erwartung oder die Betonung des Positiven. Ermutigung ist ein Kooperationsprozess zwischen
zwei Personen, bei dem die Fortschritte im Vordergrund ste- hen und nicht die Vollkommenheit. Dabei würdigt die Lehrper- son auch kleine Anstrengungen und Schritte in die richtige Richtung. Vor Situationen mit einem erhöhten Risiko (z.B. die Turnstunde), kann an vergangene Erfolge erinnert werden («In der letzten Turnstunde hast du das so prima hingekriegt»). In der Regel bewirken häufige Ermutigungen eine Änderung der
«Da verbale Signale den Unterricht stärker unterbrechen, sind nonverbale zu bevorzugen.»
Haltung des Kindes. Sie erhöhen das Gefühl von Selbstach- tung und stärken den Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Voraussetzung für eine wirkungsvolle Ermutigung ist ebenfalls die Beziehung. Ohne wertschätzende und tragfähige Bezie- hung kann diese das Gegenteil bewirken. Das Kind spürt, ob eine solche echt ist und die Lehrperson ihre Äusserungen ernst meint.
Anerkennung vermitteln
Neben der Ermutigung sind auch die realisierten Erfolgser- lebnisse wichtig. Diese können durch gemeinsam festgelegte Ziele erreicht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ziele zwar herausfordernd, aber machbar sind. Zudem sind sie zeitlich überschaubar (dem Alter des Kindes entsprechend). Es emp-