Page 19 - Schulblatt Thurgau 03 2014
P. 19
«Hausaufgaben haben
schon ̈fters zu Streit und
Stress gef̈hrt.»
Frau und Herr F. aus B., Tochter in der 1. Sek
F̈r uns Eltern und nicht nur f̈r die Kinder bedeuten Hausauf-
gaben immer ̈fter Stress. Auch an den Wochenenden m̈ssen
Hausaufgaben erledigt werden. Eltern werden m̈chtig gefor-
dert, was hin und wieder zu Unstimmigkeiten im Familienleben
f̈hren kann. Sogar in den Ferien wird von den Scḧlern erwar- Selina & Giulia, 5. Klasse
tet, etwas f̈r die Schule zu tun.
Eine typische Familiensituation am «freien Mittwochnachmittag» Zeitmangement/Lernumgebung
Das Kind will sich nach dem Hobby (Fussball, Reiten, Ballet, Den Kindern wird viel abverlangt. Der Druck beginnt schon in der
Musikstunde) einfach auf dem Sportplatz mit ein paar Freunden 5./6. Klasse. Mit dem Wechsel in die Oberstufe werden auch die
treffen. und dann wollte man selber noch dringend zum Coif- Aufgaben deutlich mehr. Unser Kind (7. Klasse) kommt nachmit-
feur oder mit dem Kind Kleider kaufen gehen. Aber die Hausauf- tags um 17:00 Uhr (ohne eine Nachmittagspause!) ̈fters v̈llig
gaben sind noch nicht fertig. Es wird hin und her diskutiert, es ausgepowert nach Hause und muss zuerst eine Pause machen.
kommt zum Streit. Wenn die Regeln vorher nicht klar abgemacht Je nach Menge der Hausaufgaben (1 bis 2 Stunden) stellt sich
worden sind. Heisst es: «Zuerst die Aufgaben, dann Hobby und dann noch die Frage, ob es besser ist, die Hausaufgaben nach
Freunde, ist Knatsch vorprogrammiert.» Im SCHULBLATT-Talk dem Abendessen zu erledigen. Gutes Zeit- und Stressmanagemt
kam es unserer Ansicht nach leider zu wenig zum Ausdruck, ist ein wichtiger Aspekt – ebenfalls tr̈gt eine studierfreundliche
wie die Kinder ihre Freizeit genau nutzen und ob die Menge Lernumgebung zum Erfolg bei. Wir begr̈ssen es, dass das SSZ
der Hausaufgaben dazu gef̈hrt hat, dass das eine oder andere Remisberg f̈r die Scḧlerinnen und Scḧler eine kostenlose
Hobby aufgegeben werden musste.
Hausaufgabenbetreuung in den Schulr̈umlichkeiten anbietet.
Eltern als Hausaufgaben-Coaches
Welche Hausaufgaben-Art ẅnschen sich Kinder/Eltern?
Der sogenannte «freie Mittwochnachmittag» wird leider immer Die heutige Art von Hausaufgaben (vor allem das Auswendiglernen
weniger von den Scḧlern zum Ausspannen und zum Spielen in Realien-F̈chern) m̈sste ̈berdacht werden. Wir (Eltern) f̈n-
genutzt. Dieser dient zunehmend als «Hausaufgaben-Nachmit- den es sinnvoll, die Hausaufgabenzeit zu reduzieren (max. 6 Stun-
tag» oder wird/muss f̈r Nachhilfe-Stunden genutzt werden. den pro Woche) und daf̈r eine andere Art von Hausaufgaben zu
Eltern m̈ssen vermehrt als Zeitmanager und Hausaufgaben- erteilen. Wie die Scḧler im SCHULBLATT-Talk erẅhnt haben,
Coaches ihrer Kinder agieren. Es sind jedoch nicht alle Eltern ẅren sog. Projekt-Arbeiten eine willkommene Alternative zur her-
in der Lage, ihre Kinder bei Aufgaben optimal zu untersẗtzen k̈mmlichen Art von Hausaufgaben (z.B. eine Umfrage zu einem
oder es fehlen die finanziellen Mittel, um Nachhilfe-Stunden zu Thema erstellen, in der Natur draussen ein bestimmtes Thema
buchen. Problematisch an der elterlichen Hausaufgabenhilfe erforschen) Es k̈nnten 2er- oder 3er-Teams an einer f̈cher̈ber-
finde ich (Mutter), dass ḧufig der emotionale Abstand zum greifenden ẅchentlichen Projekt-Aufgabe arbeiten und die
Kind fehlt. Es fehlt manchmal auch die Bereitschaft des Kindes, fertige Arbeit am Freitag pr̈sentieren oder via neue Medien im
sich etwas von den Eltern beibringen zu lassen, was wiederum Schul-IT-Server deponieren und an einem anderen Wochentag
Frustrationen bei den Eltern wecken kann. Das Kind will es eben pr̈sentieren. Die Projekt-Hausarbeiten k̈nnten auf einem Schul-
auf seine eigene Art und Weise erledigen . es sagt: «Die Lehr- server f̈r die Klassenkameraden zug̈nglich gemacht werden.
person hat es mir aber anders erkl̈rt.» Bei einer professionellen
Nachhilfe ist die n̈tige Distanz gegeben.
Eine andere Idee ẅre, die Hausaufgaben g̈nzlich in Schulaufga-
ben umzuwandeln. Diese m̈ssten in der Schule in einem separ-
ten Lernatelier erledigt werden. Es ẅre naẗrlich ẅnschenswert,
wenn eine Lehrperson f̈r allf̈llige Hilfestellungen anwesend
ẅre. Wir k̈nnten uns auch gut vorstellen, dass freiwillige El-
tern/Grosseltern/Praktikanten der PHTG die eine oder andere
«Heisst es: Zuerst die Schulaufgabenstunde betreuen k̈nnten. Die von den Kindern im
SCHULBLATT-Talk erẅhnten Belohnungs- bzw. Strafsysteme f̈r
Aufgaben, dann Hobby
gemachte/nicht erledigte Aufgaben sind unseres Erachtens nicht
und Freunde, ist Knatsch mehr zeitgem̈ss. S̈nneli und Ẅlkli, Strafpunkte, bei Vergessen
vorprogrammiert.»
der Aufgaben, seitenweise Texte abschreiben etc. sind eher f̈r Pri-
marscḧler gedacht. Der geẅnschte Motivations- bzw. Straf-Ef-
fekt ist bei Oberstufenscḧlern mit solchen Methoden eher fraglich.