Page 4 - Schulblatt Thurgau Juni 2015
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4 F O K U S Schulblatt Thurgau 3 • Juni 2015
Dr. Lilo Weber
Fachdidaktikerin Englisch an der PHTG in Lehre und Weiter- bildung, zuständig u.a. für Nachqualifikation Englisch Sek I sowie Primarlehrerin Englisch VSG Bischofszell, Halden-Kenzenau.
«Beim freieren Schreiben bewerte ich Message
und Wortschatz stärker als Korrektheit.»
GESPRÄCH
«Die Forderungen nach Kommunikation und Korrektheit sind ein Widerspruch»
Englisch-Fachlehrerinnen und eine Didaktikerin äussern sich zu ihrem Korrekturverhalten auf der Primarstufe und zu ihrem Feedback-Verständnis.
Urs Zuppinger
Das Gespräch zwischen den Englisch-Fachlehrerinnen und der Didaktikerin moderiert Susanne Pauli, im AV zuständig für Englisch in der Primarschule.
Susanne Pauli (SP): Einer Fünftklässlerin wurde bereits in der zweiten Woche Französisch das Aigu als vollwertiger Fehler angestrichen ...
Lilo Weber (LW): Ich finde Fehler etwas Wichtiges im Lern- prozess und möchte hier in erster Linie über den mündlichen Sprachgebrauch reden. An den heutigen Schulen ist der Fremd- sprachenunterricht kommunikativ ausgerichtet. Sprachkorrekt- heit und Kommunikation stehen aber, vor allem in den Anfängen, in einem inneren Widerspruch. Wenn Lernende Erfahrungen und Entdeckungen mit der Sprache machen sollen, müssen wir Feh- ler in Kauf nehmen. Überspitzt gesagt: Entweder wagen unsere Schulkinder zu reden – oder sie schweigen. Die Fehler sagen zudem viel über den Entwicklungsstand aus. Zum Aigu: Wir müssen darauf achten, dass wir uns nicht an die Fehler klam- mern, sondern kompetenzorientiert beurteilen.
Cäcilia Elmer (CE): Es ist doch wichtig, dass wir uns an die Sprache heranwagen und nicht immer mit dem speziellen Lehrer- Blick gucken, quasi mit dem Rotstift in der Hand. Das können wir im Fremdsprachenunterricht gar nicht gebrauchen. Da bin ich mit dir, Lilo, völlig einverstanden. Mit der Zeit soll sich dann ein Kind ein Schriftbild zu den erlernten Wörtern aneignen. Und zwar richtig und genau.
Andrea Kern (AK): Ich kann ein falsch geschriebenes Wort auch mal so stehen lassen. In einem nächsten Schritt gehe ich tiefer.
LW: Ich finde es spannend, dass wir so schnell beim Schreiben sind. Primarschulkinder sollen doch in erster Linie verstehen und sprechen lernen. Sie sollen auch das Schriftbild kennenlernen.


































































































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