Page 2 - Schulblatt Thurgau Juni 2015
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Editorial
Liebe Leserin Lieber Leser
Wie viele Fehler darf ich mir als Repräsentant der kantonalen Verwaltung erlauben, und falls Sie solche zubilligen, welche? Darüber zu urteilen, bleibt Ihnen überlassen. Ich hoffe, Sie gestatten auch uns eine gewisse Fehlertoleranz. Denn es wäre unklug, überhaupt keine Fehler mehr machen zu dürfen. Anlässlich der Feier 175 Jahre Volksschule Thurgau meldete eine Schülerin dem Fehlerbüro treffend: «Ein Mensch macht Fehler, wenn er keine machen will.» Die weiteren Illustrationen aus dem Fundus des «Fehlerbüros» (siehe S. 28) untermalen eine der zentralen Aussagen des vor- liegenden SCHULBLATT-Fokus’. Fehler inspirieren. Aus Feh- lern lässt sich lernen.
Die Schule befindet sich dabei in einer schwierigen Doppelrolle. Einerseits soll sie förderorientierte Lernsituationen ermöglichen, in denen Fehler passieren dürfen, ja sollen und anlässlich derer in einem konstruktiven Dialog aus Fehlern gelernt wird. Ande- rerseits fordert das gesellschaftliche Umfeld, dass die Schule eine Selektionsfunktion einnimmt. Dafür müssen Sie bewerten. Auch wenn Sie versuchen, Ihre Bewertung nicht nur aufgrund von Fehlern zu berechnen. Fehler verlieren in diesem Zusam- menhang ihre positive Bedeutung und werden zu etwas, was man im Hinblick auf die Bewertung tunlichst vermeiden sollte.
Ich wünsche Ihnen, dass es Ihnen immer wieder gelingt, diese beiden unterschiedlichen Zielsetzungen – Förderung und Selek- tion – gedanklich und in der Unterrichtsgestaltung sauber von- einander zu trennen. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler abseits vom Selektionsdruck genügend Freiräume fürs Lernen und gefahrloses Fehler-Machen erhalten. Fehler werden dann zu einer Chance. Sie beflügeln den Lernfortschritt, wer- den zum unentbehrlichen Helfer in der Unterrichtsgestaltung. Gleichzeitung können auch Sie als Lehrperson konstruktiv mit Feedbacks Ihrer Schülerinnen und Schüler sowie Ihren eigenen Fehlern umgehen.
Probieren Sie es selbst: den F.E.H.L.E.R in den Scrabbel-Becher legen, kräftig schütteln und die Buchstaben neu ordnen. Der Fehler wird zum H.E.L.F.E.R – falls Sie alles richtig machen! In diesem Sinn: Ihnen und Ihren Klassen weiterhin Freude an der Pflicht stetigen Lernens und einen hilfreichen und inspirie- renden Umgang mit Fehlern aller Art!
Ihr Walter Berger, Amtschef


































































































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