Page 28 - Schulblatt Thurgau Februar 2015
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28 VOLKSSCHULE Schulblatt Thurgau 1 • Februar 2015
INFORMATION
Wir beraten Lehrpersonen und Schulleitungen und besprechen mit Ihnen gemeinsam Strategien und Wege, wie das Konzept der Neuen Autorität in Ihrer Schule konkret umgesetzt werden kann.
Kontakt
Bernd Ruoff, Tel. 058 345 74 88, bernd.ruoff@tg.ch Peter Vecchi, Tel. 058 345 74 69, peter.vecchi@tg.ch
SCHULBERATUNG
Ich gebe Dir nicht nach!
Regelkultur am Beispiel der Neuen Autorität nach Haim Omer erläutert.
«Bernd Ruoff, Fachbereichsleiter Schulberatung & Peter Vecchi, Schulberater, AV
Wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, be- kommt einen Strich. Wer drei Striche hat, muss die Hausordnung abschreiben, wer das nicht macht,
muss am Mittwochnachmittag nachsitzen». «Und was passiert, wenn ich am Mittwochnachmittag nicht komme?», wird der Leh- rer provozierend gefragt. «Dann bitte ich deine Eltern zum Ge- spräch. Du wirst dann schon sehen, was passiert!»
Die Bedingungen sind klar, die Schüler wissen, woran sie sind, kennen die Konsequenzen und können sich darauf einstellen. So die Argumentation, zur Verteidigung dieses Vorgehens. For- schungsergebnisse der vergangenen zwanzig Jahre weisen da- rauf hin, dass Lernen nur in einer Atmosphäre des Wohlwollens gelingt und dass die Lehrperson über das, was sie denkt und sagt, diese Lernatmosphäre mitgestaltet. Wenn wir festlegen, was passiert, wenn die Hausaufgaben nicht gemacht werden, schaffen wir zumindest gedanklich eine Situation, die wir nicht wollen. Zudem gehen wir davon aus, dass wir die Macht haben, dass Schüler genau das tun, was wir wollen.
Wie gelingt es, die Dynamik von Macht und Ohnmacht im Schulzimmer zu durchbrechen? Wie gelingt es, in verfahrenen Situationen eine gemeinsame Basis zu finden? Wie können Lehrpersonen in ihrer Verantwortung entlastet und gestärkt werden? In früheren Zeiten basierte Erziehung in Schule und im Elternhaus auf den Eckpfeilern Disziplin, Gehorsam und Strafe. Sicherheit und Stabilität für Eltern und Lehrer war durch diese hierarchische Ordnung vorgegeben und allgemein akzeptiert. Es gab gute Gründe, sich ab Mitte des letzten Jahrhunderts in der westlichen Welt von diesen Prinzipien nach und nach zu ver- abschieden. Durch vielfältige gesellschaftliche Veränderungen verstärkte sich im Laufe der Zeit aber auch die Frage, was an die Stelle der traditionellen Autorität treten soll. Verhaltensauf-
fälligkeiten von Kindern und Jugendlichen nahmen zu. Die Ver- unsicherung, wie mit Auffälligkeiten und Störungen umzugehen ist, stieg. Ein Erziehungsvakuum ist entstanden, welches wieder nach verbindlichen Regeln, Leitlinien und Klarheit verlangt. Hilf- losigkeit und Ohnmacht sind Merkmale dieser Verunsicherung. Das Konzept der Neuen Autorität nach Haim Omer schliesst diese Lücke. Orientiert am gewaltloser Widerstand nach Gandhi, nimmt es Prinzipien wie Wertehaltungen, Beharrlichkeit, Selbst- kontrolle und Transparenz in den Fokus. Diese Neue Autorität sorgt in ihrer Umsetzung für das Wiedererlangen der Präsenz der Lehrpersonen, indem sie diese als Teil des von der Schule autorisierten Netzwerks sieht. Es gibt viele Beispiele dafür, dass es funktioniert, wenn Schulleiter und das Lehrerkollegium ge- willt sind, Regeln und Strukturen gemeinsam konsequent zu leben und durchzusetzen. Transparenz den Eltern gegenüber und die Zusammenarbeit mit ihnen stützen dies zusätzlich.
Wie könnte unser obiges Beispiel im Sinne der Neuen Autori- tät aussehen? Die Lehrperson legt Regeln und Rahmenbedin- gungen fest. Sie geht von der Annahme aus, dass die Schüler ihrer Klasse, diese Regeln einhalten wollen. Bei Nicht-Erfüllung droht keine Strafe, denn oft ist dieses Verhalten ein Signal für ein Lernbedürfnis. Dadurch wird eine mögliche Eskalation ver- hindert. Lehrpersonen sind präsent und wirken als Unterstützer. Omer spricht dabei von wachsamer Sorge. Die eigene Haltung drückt eine innere Überzeugung aus: «Du bist mir wichtig. Ich bin an Dir und Deinem Fortkommen interessiert!» Oft ist es nötig, mit den Eltern oder anderen Lehrpersonen gemeinsam zu schauen, wie schwierige Verhaltensweisen abgestellt und Fortschritte gemacht werden können. Ein breites Netzwerk, Be- harrlichkeit und eine gute Portion Gelassenheit gibt Halt und Unterstützung und zeigt gleichzeitig den Schülern die Grenzen ihres schlechten Verhaltens auf.
Fokus- Thema


































































































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