Page 59 - Schulblatt Thurgau 06 2013
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Schulblatt Thurgau 6 • Dezember 2013 GETRoFFEN 55
tentum nicht g̈be. Auch Atheisten ḧngen ohne Hemmungen Respekt, aber keine Angst vor Religionsvermittlung
Weihnachtsgirlanden an ihr Haus und machen sich Geschenke. Lehrpersonen r̈t Voirol, sich so unbefangen wie m̈glich den
Wir fordern an Auffahrt einen Freitag und haben keine Ah-
religïsen Themen zuzuwenden. Sie verhehlt jedoch nicht, dass
nung, weshalb dies ein Feier- das ein anspruchsvolles Unterfangen ist, aber eines, das sich
tag ist. Wir heiraten in Kirchen auszahlt. «Wer wissensm̈ssig gut ausger̈stet ist, muss reli-
und bringen Kinder zur Taufe, gionspolitische Diskussionen nicht f̈rchten und kann Wider-
bekunden aber M̈he mit schu- sẗnden – egal ob vonseiten Eltern oder Beḧrde – unver-
lischem Religionsunterricht .
krampft begegnen. Ein Patentrezept, wie man alle Konflikte
«Religion ist ein l̈sen k̈nnte, habe ich jedoch nicht.»
Pḧnomen, ̈ber das an Vor zwanzig Jahren bestand
noch ein gesellschaftlicher Der andere Zauber von Weihnachten
der Schule gesprochen Druck, dass man sich auch Schnitt: Weihnachten ist f̈r jede Pfarrerin eine strenge Zeit, f̈r
werden muss.»
̈ffentlich religïs zeigte; heute Rahel Voirol jedoch ganz besonders. Seit elf Jahren organisieren
ist vieles offen und wider- sie und ihr Mann das Weihnachtsvarít́ in Herdern, wo beide
spr̈chlich, was sich auch in auch als Gastgeber, Serviceangestellte, Akrobaten und Zauber-
der Schule abbildet. Die einen k̈nstler auftreten. Wer nun seine Stirn in Falten legt, dass da
sagen: Religion habe hier eine Pfarrerin hilft, dass in der «heiligen Zeit des Jahres» das
nichts zu suchen, sie passe
Ḧschen aus dem Zylinder schaut, dem entgegnet sie: «Nichts
nicht in eine aufgekl̈rte Welt. Andere wiederum meinen: Unsere im Leben ist Zauberei, aber manches ist zauberhaft.»
Schule m̈sse ausschliesslich christliches Gedankengut lehren.
«Meine Meinung dazu ist klar: Religion ist ein Pḧnomen, ̈ber
das an der Schule gesprochen werden muss. Anhand von be-
PORTR̈T
kannten Traditionen beispielsweise – Adventskranz, Ostereier –
k̈nnen Fakten und Zusammenḧnge vermittelt, Unterschiede
Rahel Voirol-Sturzenegger, 38, wuchs im Thurgau auf und besuchte das erkl̈rt und Versẗndnis geschaffen werden.» Es geht der Re-
ligionsp̈dagogin darum, Lebensperspektiven aufzuzeigen, die
Lehrerseminar in Kreuzlingen. 2013 promovierte sie an der Uni Z̈rich mit
einer Arbeit ̈ber Religionsp̈dagogik. Ihr beruflicher Weg f̈hrte sie ̈ber nicht einengen, sondern aufbauen. «Selbst Menschen, die sich
als nicht-religïs bezeichnen, brauchen und suchen etwas, das
verschiedene Vikariate auf der Primar- und Oberstufe zur stellvertretenden
Lehrbeauftragten f̈r Religionsunterricht an der PMS und der PHTG. ihnen Halt gibt. Wir alle haben uns schon gefragt: Was tue ich
hier eigentlich und wozu ist das Leben da?» Nichts liegt Voirol
Seit August dieses Jahres ist sie Pfarrerin in Uesslingen und Warth- ferner, als mit Dogmen zu hausieren. Sie sei zwar Expertin in
Weiningen. – Sie und ihr Mann haben vor 11 Jahren das Weihnachts-
Sachen Religion, aber keine Schiedsrichterin: «Das Moralisieren
varít́ Herdern gegr̈ndet. – www.weihnachtsvariete.ch
ist nie lebensdienlich. Es darf auch nicht Sache der Schule sein,
eine Begegnung mit Gott zu inszenieren.»
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