Page 2 - Schulblatt Thurgau 03 2014
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Bild: Ronja Rohrbach
Editorial
Liebe Leserin
Lieber Leser
D
ienstagabend, Mittwoch- im Sinne einer gezielten Nils, 2. Klasse
nachmittag, Samstagmor- Vor- oder Nachbereitung des
gen. Wem geḧrt die Frei-
Unterrichts. Auch wenn Re-
zeit unserer Kinder und Jugendlichen? Der Familie? Den Ver- gelm̈ssigkeit und eine gute Verteilung ̈ber die Woche Sinn
einen? Der Schule? Dem Kind selbst? Fakt ist: die Zeit ist machen: Sie d̈rfen, aber m̈ssen nicht immer Hausaufgaben
begrenzt. Wo und wie soll die Bildung und Entwicklung zum geben! Hausaufgaben sind keine Pflicht. Bedenken Sie, dass
erwachsenen Menschen stattfinden? Wieviel Zeit darf die die Scḧlerinnen und Scḧler nicht nur in der Schule lernen.
Schule beanspruchen? Kinder und Jugendliche lernen in ganz Sie brauchen gen̈gend Zeit, um die vielen Lernangebote, die
verschiedenen Zusammenḧngen und in unterschiedlichen Le- der Lebensalltag und unsere Bildungslandschaften bieten, zu
bensbereichen. Die Volksschule ist dabei sicher ein besonders nutzen – sei es das Angebot von Vereinen, das Spiel im Freun-
wichtiger Lernort. Sie besitzt aber kein Monopol auf das Lernen.
deskreis, der Austausch in der Nachbarschaft, das selbstsẗndige
Erkunden der Umwelt oder auch einfach einmal kontemplatives
Dieses SCHULBLATT befasst sich mit dem Thema «Hausauf- Nichtstun.
gaben 2.0». Wissenschaftler, Lehrpersonen und Eltern ̈ussern
sich zu ihren Erfahrungen. In einem gefilmten SCHULBLATT- Auch wenn manche Eltern und Lehrpersonen sich eine klare
Talk kommen Scḧlerinnen und Scḧler zu Wort. Hausaufgaben Regelung der Menge und des Umfangs der Hausaufgaben
geḧren zur Schule, werden aber in der Regel ausserhalb der ẅnschen – das Gesetz und die Verordnungen zur Volksschule
Schule erledigt. Die Schule erweitert damit ihren Wirkungskreis machen keine Aussagen dazu. In den Lehrpl̈nen f̈r Primar-
̈ber das Schulhaus hinaus und greift in die Zusammenḧnge und Sekundarstufe heisst es entsprechend offen «Werden
der ausserschulischen Lebenswelt ein. Das birgt Konfliktpoten- Hausaufgaben erteilt, so sind sie massvoll aufzugeben und in
tial. Hausaufgaben f̈hren bei Lehrpersonen, Eltern und Scḧ- der Wirkung und Voraussetzung bei Scḧlerinnen und Scḧ-
lerinnen und Scḧlern regelm̈ssig zu Diskussionen. F̈r mich lern und Eltern dauernd zu ̈berpr̈fen». Meiner Meinung nach
war die Erfahrung ̈usserst aufschlussreich, als ich nach Jahren ist diese offene Handhabe richtig. Hausaufgaben m̈ssen si-
als Lehrperson mit den Hausaufgaben meiner eigenen Kinder tuationsgerecht und mit Augenmass erteilt werden. Ich traue
konfrontiert wurde. Nun relativierte sich die p̈dagogische Be- unseren Lehrpersonen zu, dass sie mit einer solchen Massgabe
deutung der Hausaufgaben ein Sẗck weit. Stattdessen brannte umgehen k̈nnen und immer wieder sinnvolle Hausaufgaben
die Frage, welche Hausaufgaben f̈r welches Kind Sinn machen erteilen. Hausaufgaben, die nicht Selbstzweck, sondern Mittel
und wie sie «sozialvertr̈glich» und sinnvoll in verschiedene Fa- zum Zweck sind. Hausaufgaben,
milienstrukturen integriert werden k̈nnen.
die den Kindern und Jugendlichen
Raum lassen. Hausaufgaben, die
Die Artikel in diesem Heft geben Ihnen Hinweise, wie Sie Haus- zum selbstsẗndigen Lernen inner-
aufgaben motivierend und nutzbringend einsetzen k̈nnen. Mit halb und ausserhalb der Schule ani-
guten Hausaufgaben erweitern Sie die schulische Lernzeit ̈ber mieren.
die Stundentafel hinaus. Wenn es gelingt, dass alle Scḧlerin-
nen und Scḧler ihre Hausaufgaben selbstsẗndig (also ohne
Hilfe der Eltern) l̈sen, untersẗtzt dies das schulische Lernen
Ihr Walter Berger, Amtschef